Die Weltkunstausstellung documenta steht massiv unter Druck. Antisemitismusvorwürfe seit der documenta fifteen, Mängel in den Strukturen und ungeregelte Verantwortlichkeiten werfen die Frage nach der Zukunftsfähigkeit dieses globalen Kunstereignisses auf. Die Politik fordert Reformen und vor allem Regelungen, die antisemitische künstlerische Positionen wie 2022 von vornherein ausschließen. Internationale Proteste, heftige innerdeutsche Proteste prägen das aktuelle kulturpolitische Klima.
Nun waren Kontroversen, Proteste, Krisen schon immer integraler Bestandteil der documenta-Erfolgsgeschichte. Aber noch nie schien der Kern der documenta – ihre künstlerische Freiheit, die Unabhängigkeit der künstlerischen Leitung – so sehr in Frage gestellt wie aktuell. Kaum einer weiß um diese politische Herausforderung so genau wie Hans Eichel. Als Kasseler Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender der documenta von 1975 bis 1991 hat er in diesem Spannungsfeld Verantwortung getragen. Als hessischer Ministerpräsident von 1991 bis 1999 blieb er als Gesellschafter weiterhin gefordert.
Hans Eichel kennt beide Seiten: die künstlerische wie die politische im Druck der Öffentlichkeit. Als Kasseler Bürger und Liebhaber der documenta und ihrer Grundidee bezieht er – streitbar und engagiert – Position in den aktuellen Auseinandersetzungen und Diskussionen. Seine hier gesammelt und ergänzt vorliegenden Artikel und Stellungnahmen sind Plädoyers für die Kunstfreiheit und Freiräume der Künste: konkret, engagiert und politisch wie persönlich erfahrungsgesättigt.
Erscheint im August 2025.